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    Gerichtsverfahren: Diverse Berichte

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Auf dieser Seite sind alte Berichte zu finden:

- Zaunprozess in Dannenberg / Lüneburg (2009 - 2012)
- Castor 2005: gewalttätige BFE aus Blumberg prügelt auf DemonstrantInnen ein
- Es ist dein prozess also führe ihn (Castor 06)


2010 - 2012
Zaunprozess in Dannenberg

Berufungsinstanz  (2012)
Das Verfahren wurde in der Berufung
eingestellt.
Erste Instanz (2010 - 2011)
 Anträge, die das Eichhörnchen im Laufe des Verfahrens stellte: zusammengepackt in einer PDF-Datei
Berichte zweiter Prozessanlauf: 22. November 2010 - 21. März 2011
Plädoyers und Urteil am 12. Verhandlungstag: Eichhörnchen-Blog, TAZ, DAPD, Junge Welt
elfter Verhandlungstag: Bericht bei Indy-Linksunten -
zehnter Verhandlungstag: Ankündigung , Bericht
neunter Verhandlungstag: Indymedia
achter Verhandlungstag: Terminankündigung  - Schraf Links 
Verfassungsbeschwerde gegen den Ausschluß meines Verteidigers :  Beschwerde von meinem rausgeworfenen Verteidiger und eine Internetseite zum Vorgang mit dem Verteidigerrauswurf
Siebter Verhandlungtag: Ankündigung Scharf-links,
Sechster Verhandlungtag: Ankündigung auf ScharflinksIndymedia
Bericht zum fünften Verhandlungstag: Indymedia

Bericht zum vierten Verhandlungstag: Ankündigung - Indymedia
Bericht zum dritten Verhandlungstag: Indymedia
Ankündigung zweiter Verhandlungstag: Scharf links
Ankündigung Neu-Beginn: Indymedia
Berichte zum ersten Prozessanlauf: 3. August 2010 - 4. Oktober 2010
Berichte zum ersten Verhandlungstag:
Redglobe, Wendland-net , NDR ,
Berichte zum zweiten Verhandlungstag: Redglobe, Scharflinks EJZ (nicht online) und Leserbriefe dazu: 1 ; 2 ; 3 ; Indymedia
Berichte zum dritten Verhandlungstag:  Scharflinks, Indymedia,
Berichte zum vierten Verhandlungstag:    Scharflinks ,
Berichte zum fünften Verhandlungstag: Pressemitteilung der BI Lüchow Dannenberg nach der Verhaftung des Eichhörnchen...


2007  - gewalttätige BFE aus Blumberg prügelt auf DemonstrantInnen ein (Castor 2005)

Atomkraft und die politische Justiz
Castor-Widerstand erneut vor Gericht ? Polizeigewalt weiterhin vertuscht und verharmlost

Am 21. November 2005 gelang es einer deutsch-französischen Aktionsgruppe, an der Bahnstrecke bei Eichdorf kurz vor der Castordurchfahrt auf die Gleise zu kommen. Das Festketten an die Gleise scheiterte jedoch. Die Räumung durch die zeitgleich vor Ort eingetroffene 2. Blumberger Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft der Polizei verlief extrem gewaltsam. Dabei wurden mehrere AktivistInnen verletzt. Ein Franzose wurde so schwer verletzt, dass ihm in Folge dessen 3 Zähne entfernt werden mussten. (1)

Die Beteiligten erstatteten daraufhin Strafanzeige wegen schwerer Körperverletzung in Amt gegen die Polizei. Aber die für die Ermittlungen zuständigen Beamten von der EG-Castor ( Sonder-Ermittlungsgruppe der Polizei gegen Atomkraftgegner) ermitteln nicht gegen die Kollegen. Sie arbeiten viel mehr an der Kriminalisierung der AktivistInnen. Sie ermittelten ein Jahr lang, wegen Gefährdung des Bahnverkehrs, Störung öffentlicher Betriebe, gemeinschaftlich versuchte Nötigung. Die Akte wuchs auf über 1000 Seiten. Sie enthielt jedoch nicht genügend Anhaltspunkte für eine Straftat. Der Vorgang wurde der Bundespolizei übergeben. Die AktivistInnen erhielten jetzt wegen Ordnungswidrigkeit Bußgeldbescheide (Verstoß gegen Eisenbahn- und Betriebsordnung ? Betreten der Bahnanlage) in Höhe von bis zu 275 Euro.

Am 30. Oktober stand zunächst eine französische Aktivistin vorm Amtsgericht Hannover. Die Täter in Uniform müssen dagegen keine Gerichtsverhandlung gegen sie fürchten. Die von der Presse mit Fotos gut dokumentierten schwere Misshandlungen bleiben folgenlos. Die Staatsanwaltschaft stellte nämlich die Strafverfahren gegen die beteiligten Polizisten (darunter der Führer der 2. BFHu) ein. (2)

Die Ordnungshüter zeigten anläßlich der Verhandlung am 30. Oktober ein mal mehr, wie sie Grundrechte mit Füßen treten. Als ein Dutzend UnterstützerInnen sich vor dem Amtsgericht versammelten und die Passanten mit Transparent, Flyern und Kreidesprüchen auf das Verfahren aufmerksam machten, griffen Zivilbeamte willkürlich in das Geschehen ein. Uniformierte KollegInnen eilten nach. Personalien wurden festgestellt, mit der Begründung es handele sich um die Abhaltung einer verbotenen Versammlung, was eine Straftat sei. Dabei missachtete die Polizei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, ähnlich wie es bei Castortransporten vorkommt, eben! Auch eine nicht angemeldete Versammlung muß rechtsmäßig aufgelöst werden. Was in diesem Fall nicht geschah. Genauso wie bei den Ereignissen, die wenigen Minuten später Gegenstand der Verhandlung vor Gericht waren. Die Polizei erteilte noch rechtswidrige Platzverweise. Die Beschuldigte kassierte nämlich einen Platzverweis für das Amtsgericht, also für die eigene Verhandlung!
Die Gruppe betrat letztendlich das Gerichtssaal, begleitet vom einem dutzend Justizbeamten. Die Hälfte davon erhielt eine 3-stündige Lektion über Atomkraft.

Kaum hatte Richter Neebuhr die Verhandlung eröffnet, brachte eine Gerichtsmitarbeiterin einen Stapel Papier zum Richtertisch. Es handelte sich dabei um Solidaritätsbekundungen aus verschiedenen Ländern.
Denn es ging tatsächlich darum: Um die Bedeutung von internationalem Widerstand. Was die Betroffene in ihrer einstündigen politischen Einlassung deutlich machte.
Sie griff die internationale Verflechtung der Atomindustrie auf, mit konkreten Beispielen zu vergangenen und aktuellen Atomgeschäften ? und zum notwendigen Widerstand dagegen. Nicht ohne bewegende Worte zu Sébastien Briat.
An dieser Stelle sei auf einen Artikel zur vergangenen und aktuellen Atompolitik Frankreichs hingewiesen.

Die Beweisaufnahme dauerte noch anderthalb Stunde. Es wurde zunächst die Zeugenvernehmung eines verantwortlichen der GNS beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass es sich um gerechtfertigter Notstand handele. Der Zeuge würde nämlich bekunden, dass die Castoren unter bestimmten Bedingungen getestet werden (9-Meter Sturz, Flache Aufprall-Fläche, ...), die nicht der realen Bedingungen entsprechen.
Der Antrag wurde -wie zu erwarten- abgelehnt. Der Zeuge wurde rein gerufen.
Eine Zeugenbefragung kann durchaus Spaß machen. Es kommt sonst ja nicht so oft vor, dass Polizisten auf Fragen von AktivistInnen antworten müssen. Der Zeuge versuchte die Fragen auszuweichen. ?Muss ich wirklich antworten?? fragte er dem Richter, als er nach seinem Gewicht gefragt wurde. Die Frage war aber ernst gemeint. Der Zeuge behauptete nämlich, die Betroffene hätte Widerstand geleistet. Was bei der Festsetzung des Bußgeldbescheides von Bedeutung war . Die Presse-Bilder, mit dem der Zeuge Konfrontiert wurde, konnten die Widerstandsvorwürfe etwas entkräften. Auf den Bildern sind zwei Polizisten zu sehen, die der Aktivistin die Arme verdrehen und Mund und Nase zu halten.
Bei der Zeugenbefragung konnte desweiteren nicht geklärt werden, ob die Ankettvorrichtung, die die Betroffene am Arm trug, eine echte oder eine Attrappe war. Auf den Bildern war nämlich ein Plastikrohr zu erkennen. Ob dieses Rohr für eine Ankettaktion geeignet war?

Der zweite vorgeladene Zeuge erschien nicht zum Termin. Was einfach zur Kenntnis genommen wurde, weil zur Aufklärung der Sachlage nicht wesentlich, so der Richter.

Die Betroffene stellte noch eine Reihe von Anträgen, die alle vom Richter besonders arrogant abgelehnt wurden.
Mit ihrer Anträgen wollte die Aktivistin sowohl auf die Polizeigewalt als auch auf die politische Justiz aufmerksam machen.
Sie beantragte die Inaugescheinnahme des Polizeivideos so wie von weiteren Presse-Bildern. Damit wollte sie beweisen, dass die Gewalt von der Polizei ausging. Was u.a. zu den Schweren Verletzungen eines französischen Aktivisten führte. Das Verfahren gegen die Beteiligten Polizisten wurde eingestellt. Was der eigentliche Skandal ist. Denn es gibt dazu viele Beweisfotos und der Einheitsführer hat selber zugegeben, er habe den Aktivisten ins Gesicht getreten. Aber das sei laut Staatsanwaltschaft doch nicht absichtlich gewesen...

Die Beweisaufnahme wurde daraufhin geschlossen. Die Staatsanwaltschaft plädierte auf 250 Euro Bußgeld. Sie machte jedoch einen schüchternen Eindruck.

Der Beschuldigte wurde sodann das letzte Wort erteilt. Eine Pause zur Vorbereitung ihrer Plädoyer wurde ihr verweigert. Sie verzichtete jedoch auf einen Befangenheitsantrag und fasste ihre Beweggründe und die Ergebnisse der Beweisaufnahme kurz zusammen. Sie erklärte, sie plädierte nicht auf Freispruch, ihr sei ja Bewusst, dass das Gericht den rechtfertigender Notstand nicht erkenne. Sie verlangte viel mehr das Absehen einer Straffe auf Grund von Polizeigewalt und -willkür: ein Urteil käme einer Doppelbestrafung gleich, denn sie sei damals ja schon von der Polizei verletzt und bestraft (rechtswidrige Ingewahrsamnahme) worden.
In Ihrem Schlußwort griff sie das (Justiz)-system und die Kriminalisierung von AtomkraftgegnerInnen mit scharfen Worten an: Gesetze können eine gesellschaftliche Auseinandersetzung nicht lösen. Vor allem nicht mit Gesetzen, die vor Entstehung dieser erlassen wurden (Die EBO ist ja älter als die Atomkraft).

Die Aktivistin weigerte sich anschließend bei ?im Name des Volkes? aufzustehen... Von wem ist es denn die Rede?
Der Richter verurteilte sie zu einem Bußgeld in Höhe von 150 Euro. Was schon erstaunlich ist, weil Richter Neebuhr die Bußgelder sonst gerne erhöht. Dabei habe er das Einkommen der Betroffene berücksichtigt. Ferner wurde zwar gemeinschaftlich gehandelt, es sei ihr aber keine führende Rolle nachgewiesen worden (das mit der Ankettvorrichtung...). Die Polizeigewalt sei ansonsten gerechtfertigt und in Kauf zu nehmen, wenn man gegen Gesetze verstoße, so der Richter.

Es bleibt anzumerken, dass es sich um eine Art Muster-Verfahren handelte. Es ging vor allem darum, das politische an diesem Verfahren in die Öffentlichkeit zu tragen und Sand ins Getriebe der Justiz zu bringen. Mehrere Beteiligten haben in der Tat Bußgeldbescheide bekommen. In einem Fall wurde das verfahren von der Richterin Busch eingestellt, weil der Betroffene nicht auf der Schiene war. Die anderen Beteiligten haben ihre Widersprüche zurückgenommen, um die Verfahrenskosten nicht explodieren zu lassen. Sinnvoller ist nämlich Energie (und Geld) für zukünftige Aktionen zu behalten!

(1) Siehe Erklärung von der Gruppe Linda so wie weitere Zeugenberichte  (unten)
(2) Siehe Pressemitteilung der BI Lüchow-Dannenberg : Schwere Mißhandlung folgenlos?
http://www.bi-luechow-dannenberg.de/2presse.html

- Harte Vorwürfe gegen die Polizei (Castor 2005)
Beim Castortransport 2005 wurde eine 23-Köpfige Gruppe von der Polizei Rabiat geräumt, ein Aktivist wurde schwer verletzt. Die AktivistInnen haben Strafanzeige wegen Körperverletzung in Amt erstattet. Das Verfahren wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Wenn die Verbrecher Staatsdiener in Uniform sind...
Die Beteiligten wurden hingegen wegen "Störung öffentlicher Betriebe" angezeigt, die Akte umfasst über 1000 Seiten! Das Strafverfahren wurde in April 2007 eingestellt. Die Bundespolizei verschickte aber Bußgelder in Höhe von bis zu 275 Euro. Einspruch wurde eingelegt. Und es kam zu Verhandlungen vor dem Amtsgericht Hannover

Zum Geschehen, der damalige Bericht der Gruppe "Linda Bleibt" (Quelle aaa):
Am 21. November 2005 fand bei Eichdorf eine direkte deutsch-französische Aktion statt. Uns gelang es, kurz vor dem Castor noch auf die Gleise zu kommen. 4 Personen versuchten sich an die Schiene festzuketten. Diese Aktion wurde brutal von der Polizei verhindert. Dabei wurde ein französischer Aktivist schwer verletzt. Mehrere Polizisten malträtierten den auf dem Boden liegenden, dabei wurde ihm u.a. ins Gesicht getreten, was zur Folge hatte, dass ein Zahn gebrochen ist. Die Polizei wollte ihn zunächst zur GeSa nach Lüchow bringen, nur durch massiven Druck der Sanitäterinnen "durfte" der Verletzte ins Krankenhaus nach Lüneburg.
Dort wurde er nicht behandelt, weil er keinen Ausweis und kein Geld dabei hatte. Die Polizei hatte diesen nach Lüchow mitgenommen.
Der Rest der Gruppe wurde ebenfalls rabiat von den Schienen geräumt und gefesselt, um den Castor durch rollen lassen zu können. Für 2 Stunden wurden die Gruppe auf einem Feld eingekesselt und sollte nach der Personalienfeststellung entlassen werden. Wie so oft, veränderte sich die Befehlslage und alle Betroffenen wurden in Gewahrsam genommen, die bis zu neun Stunden andauerte.
Die Ingewahrsamnahme wurde später vom Richter als rechtswidrig eingestuft, weil die Versammlung nicht aufgelöst wurde. Wir hatten schon vor Ort die Polizei auf die (Un)Rechtslage hingewiesen, was sie aber geflissentlich missachtete.
Dies lassen wir uns nicht gefallen und werden entsprechend auf diese polizeiliche Willkür antworten!
Dass Deutsche und Franzosen gemeinsam gegen die Atommafia kämpfen, ist umso wichtiger, weil Atompolitik weltweit betrieben wird. Die Entsorgungsfrage bleibt ohne Lösung. Atommüll wird hin und her geschickt, weil keine(r) ihn haben will. Wir glauben nicht an den versprochenen Atomausstieg, wenn der Weiterbetrieb von AKWs gefördert wird: Die Urananreicherungsanlage Gronau wird erweitert, und Brennelemente werden nach Frankreich geliefert, das "abgereicherte" Uran wird nach Russland verschifft. Deutschland kauft Atomstrom aus Frankreich. Neubaupläne werden unterstützt: Siemens ist mit 34 % am Reaktorbau Typ EPR beteiligt.
Wir haben uns bewusst für diese Aktionsform (Lock-on-Aktion) entschieden. Sie ist gewaltfrei, ganz im Gegensatz zu der Gewalt, die vom Staat ausgeht. Der (Atom)Staat und die Lobby missachten unser Recht auf Leben, sei es durch den alltäglichen Betrieb von Atomanlagen oder durch Inkaufnahme von Toten und Verletzten bei Atomtransporten.
Wir fordern die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit.
Sébastien wird nicht vergessen.

Auszüge aus einem Artikel der Landeszeitung vom 16.01.07 " Schwere Vorwürfe gegen Polizei"
[...]Sie werfen Polizeibeamten vor, beim Castor-Transport 2005 einen Kernkraftgegner bei Eichdorf an der Lüneburger Landkreisgrenze misshandelt und verletzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ermittelt in dem Fall. Doch ihr liegt die Aussage eines Beamten vor: Der will den Protestler, einen Franzosen, in einem Gerangel "aus Versehen" ins Gesicht getreten haben. [...] Eine Polizeieinheit aus Blumberg habe die Menschen abgedrängt. K. sagt, sie habe gesehen, wie der Franzose neben dem Gleis gelegen habe: "Vier Polizisten saßen auf ihm drauf und haben ihm mit dem Knie ins Gesicht gestoßen." Anschließend sei der Mann mit auf dem Rücken  gefesselten Händen vom Gleisbett gezogen worden, sein Gesicht sei blutüberströmt gewesen.[...] Er ging später zu einer Lüneburger Ärztin. [...] "Das Verletzungsmuster kann durchaus mit der Verletzungsursache  (Stiefelabsatz) zur Deckung gebracht werden", schreibt die Medizinerin. [...]
Ein zweites Attest aus Frankreich  bescheinigt dem 23-Jährigen Verletzungen an den Zähnen und am linken Auge. Der Doktor schrieb den Patienten für zwei Tage krank.
S. und K. wundert, dass die Polizei Monate brauchte, um die Beamten namentlich zu ermitteln, obwohl es Fotos von ihnen gibt, die der
Ermittlungsgruppe Castor vorliegen. [...]
Oberstaatsanwalt Manfred Warnecke gibt den Stand der Ermittlungen wieder:
[...] Er wirft der Zeugin K. zudem vor, bei einer Lichtbildüberprüfung bei der Polizei nicht ausgesagt zu haben [...] K. wiederum fühlte sich bei der Befragung  unter Druck gesetzt [...] Ihr Verdacht: Sie solle als Zeugin "unglaubwürdig" gemacht werden.
[...] Offen bleibt, wie das Verfahren weitergeht. Denn es müssen laut Warnecke noch weitere Zeugen befragt werden. Denn Videoaufzeichnungen, die Polizei bei den Demonstrationen eigentlich routinemäßig anfertigt, lägen zum unmittelbaren Tatgeschehen nicht vor.

Ein als Leserbrief an die LZ verschickter Text:
"Das Bild, das zu Ihrem Artikel erschien, zeigt vier Polizeibeamte auf einer Person sitzend.
Wie auch auf dem kleinen Bild gut zu erkennen ist, werden die Arme in verschiedene Richtungen gedreht, auch die Beine sind fixiert - und wo befindet sich der Kopf?
Wenn es so wäre, wie der Polizeibeamte behauptete, und er hätte den Franzosen während der gewaltfreien Protestaktion aus Versehen mit seinen Stiefel im Gesicht verletzt, stellt sich die Frage, warum sorgte er nicht dafür, dass seine Kollegen von dem Verletzten abließen und schnellstmöglich ärztliche Versorgung eintraf? Wäre es so, wie der Polizist aussagt, läge wohl grob fahrlässiges Verhalten und unterlassene Hilfeleistung vor.
Wir, die wir die Situation beobachten und aushalten mussten, können auch im Nachhinein kein Entgegenkommen, keine Hilfsbereitschaft und kein Bedauern feststellen. Im Gegenteil fielen Äußerungen von Beamten, die keinen Zweifel daran ließen, dass auch schwere Verletzungen in Kauf genommen wurden.
Nach seiner Misshandlung stand der Mann unter Schock. Im Krankenhaus wurde er nicht behandelt, da seine Ausweise von der Polizei einbehalten waren. Auch fehlte ihm das Geld, eine Notversorgung bezahlen zu können, ein Skandal an sich! Aufgrund fehlender Sprachkenntnisse und seiner psychischen Verfassung verließ er das Krankenhaus. Bis heute mussten als Spätfolgen der Tritte ins Gesicht durch den Polizeibeamten drei Zähne entfernt werden, die im Unterkiefer gebrochen waren. Hier liegt wohl mindestens schwere Körperverletzung vor und keinesfalls nur ein ?blaues Auge?.
Herr Oberstaatsanwalt Manfred Warnecke nimmt Stellung zur Lichtbildüberprüfung, die üblicher Weise angewandt werde, um Täter zu identifizieren. In diesem Fall ist diese Vorgehensweise überflüssig bis fragwürdig, denn es gibt Bilder vom Tatort und von den Tätern und rechtlich ist ein ?wieder erkennendes Wieder erkennen? nicht zulässig.
Weiter wird der Eindruck erweckt, die Zeugin habe bei der Polizei nicht ausgesagt. Das ist nicht richtig. Sie hat bereits ausführliche und eindeutige Aussagen zu dem Geschehen und den Beamten gemacht.
Der ermittelnde Polizeibeamte von der Ermittlungsgruppe Castor behauptete, auf den Bildern sei niemand eindeutig zu erkennen und damit auch nicht zu identifizieren. Erstaunlich ist nur, dass Lichtbildvorlagen mit den belasteten Beamten erstellt werden konnten.
Auf einer Internetseite des Bundespolizeipräsidiums Nord zu ?Falsche Fahndungsplakate sichergestellt? am 3.11.06 * äußert sich der Lüneburger Polizeipräsident Friedrich Niehörster besorgt darüber, dass auf den Plakaten, ?die Gesichter von drei Polizeibeamten eindeutig zu erkennen sind?. So bleibt die berechtigte Frage, welche Interessen bei der Zeugin K. verfolgt werden.
Allein die Tatsache, dass die Ermittlungsgruppe Castor sowohl gegen AtomkraftgegnerInnen als auch gegen die Polizei ermittelt und dadurch Interessens- und Loyalitätskonflikte bestehen, lässt Zweifel aufkommen, ob Straftäter innerhalb der Polizei überhaupt ernsthaft verfolgt werden.
Der ermittelnde Beamte vermochte sich nicht zu der von mir gestellten Frage äußern, ob er sich seinen Kollegen oder der Wahrheit mehr verpflichtet fühle.
Die Art und Weise, wie ermittelt wird, Zeugen verunsichert und unglaubwürdig gemacht werden, lässt eher den Schluss zu, dass in diesem Fall die Gewalttäter geschützt werden sollen." G. S.
* Zu den falschen Fahndungsplakaten (Stand 2007):
Pressemitteilung der Bundespolizei
Artikel auf Indymedia: http://de.indymedia.org/2006/11/161029.shtml und http://de.indymedia.org/2006/11/160911.shtml
Das Plakat (Indymedia)


2006 - Castorprozess

Es ist Dein Prozess, also führe ihn! (1)
Polizei-Stalking gegen Atomkraftgegnerin  - Kreative politische Prozessführung und 2 Verhandlungstage für ein lächerliches bußgeld!


Lüneburger Behörde lassen sich einiges einfallen, wenn es darum geht politisch engagierte Menschen zu kriminalisieren. Und am besten wird eine besonders engagierte Aktivistin als ?Opfer? ausgewählt. Das kann als Polizei-Stalking bezeichnet werden.
Eine französische Aktivistin bekommt dies in Lüneburg immer wieder zu spüren. Doch sie lässt sich nicht einschüchtern. Im Gegenteil.
 
Nach dem skandalösen ?Baumkletter-Urteil? (2) von vergangenem September in Lüneburg, musste die junge Atomkraftgegnerin dieses Mal nach Hannover vor Gericht. Der Aktivistin wurde vorgeworfen, die Bahnanlage am 06. Oktober 2006 betreten zu haben ? was sie vehement zurückweist. Am 6. Oktober fand nämlich keine Demonstration statt, die Aktivistin wurde lediglich von Bundespolizisten im Wald angetroffen und anderthalb Stunde festgehalten, weil sie der EG-Castor ? Ermittlungsgruppe der Polizei gegen Atomkraftgegner- bekannt ist. 2 Staatsschutz-Beamte kamen anschließend vorbei, um ?mit ihr zu reden.?
 
Gegen den Bußgeldbescheid von der Bundespolizei (25 Euro + 25 Euro Auflagen) hatte die Betroffene Widerspruch eingelegt, so dass es zur Verhandlung kam. Die Verhandlung wurde am 25. Juni 07 pünktlich um 14:30 eröffnet. Die Staatsanwaltschaft war nicht vertreten. Dafür saß ein Vertreter der Verwaltungsbehörde -also der Bundespolizei- der Angeklagten gegenüber. Richter Klinkenborg hatte es eilig. Das war ja die letzte Verhandlung des Tages und sollte -wie alle anderen Verhandlungen- ja nur wenige Minuten andauern, so seine Vorstellung. Gerichte sind ja ohnehin ?Urteilswerkstatt?: Die Polizei hat -fast- immer recht, Angeklagte werden in Minutentakt verurteilt.
 
 
Chaos im Gerichtssaal
 
So glatt lief es doch nicht an diesem Montag. ?Ich lasse mich nicht einschüchtern. Ich weiß wofür ich stehe. Das werde ich vor Gericht ausführlich erklären.? hatte die Betroffene im Vorfeld angekündigt. Der Richter ließ sie jedoch ihre politische Einlassung nicht mal vorlesen, der Zeuge wurde gleich rein gelassen. An der Erforschung der Wahrheit zeigte der Richter vom Anfang an wenig Interesse. Beinahe alle Fragen wurden von der Angeklagten selbst gestellt. Der Richter hielt ? wie zu erwarten- den Zeugen trotz klaren Widersprüchen und Unklarheiten für glaubwürdig. Und als der ?Vertreter der Verwaltungsbehörde? zu Wort kam, fing dieser gleich an, die Angeklagte zu befragen, worauf sie sich nicht einließ.
 
Die Angeklagte ging stattdessen in die Offensiv und fing an, sämtliche Beweisanträge (Vorladung eines zweiten Zeuge, Ortsbegehung, ...) zu stellen. Sie beantragte mehrere Pausen, um ihre Anträge zu formulieren und sich von FreundInnen beraten zu lassen ? solche Pausen sind wichtig, wenn Mensch ohne Anwalt vor Gericht steht. Der Richter wollte Druck aufbauen und genehmigte zunächst jeweils nur 3 knappe Minuten Pause. Die Anträge wurden alle abgewiesen, unter der Begründung, sie dienen der Erforschung der Wahrheit nicht. Als der Richter merkte, wie sich das alles in die Länge zog, verbot ( !!!) er sogar jegliche Pause. Der Richter wollte somit Druck aufbauen und die Verteidigungsmöglichkeiten der Angeklagten einschränken. Was sie sich nicht gefallen ließ. Sie stellte schließlich einen Befangenheitsantrag gegen Richter Klinkenborg. Was dazu führte, dass die Verhandlung -nach 2 Stunden- vertagt wurde.
 
 
"Die Amtssprache ist Deutsch"
 
Ein weiterer Punkt trug zur Verwirrung bei. Die Angeklagte hatte auf einen Dolmetscher bestanden, weil sie sich in ihrer Muttersprache besser äußern kann. Der Richter nahm aber vom Anfang an keinen Rücksicht auf die Übersetzung. Er sprach zu schnell und ließ keine Zeit zum Dolmetschen. Dazu kam, dass die eingesetzte Dolmetscherin keinen politischen Hintergrund hatte und viel missverstand, was zu einer katastrophalen Übersetzung führte. Als darauf hingewiesen wurde, antwortete Richter Klinkenborg prompt: ?die Amtssprache ist Deutsch.?
 
?Diese Aussage vom Richter habe ich als rassistisch empfunden. Die Sprache wurde als Mittel der Ausgrenzung, als Herrschaftsinstrument genutzt. Gerichte sind sowieso Herrschaftsstrukturen in sich?, erzählt die Aktivistin. Und sie fährt fort:
 
?Wie kann ich mich verteidigen, wenn ich nicht richtig verstehe? Ich habe das Glück, dass ich doch ziemlich gut Deutsch kann. Aber gegen Ende der Verhandlung herrschte trotzdem große Verwirrung und ich habe kaum mitgekriegt, dass ich die erste Etappe ?gewonnen? hatte, dass die Verhandlung vertagt wurde. Mir ist ganz Bewusst geworden, dass Menschen die der Sprache nicht mächtig sind, keine Chance auf gerechte Verteidigung haben.?
 
 
Kreative politische Prozessführung
 
?Es ist Dein Prozess also führe ihn!? erklärte schon 1967 Fritz Teufel. Und es macht tatsächlich Sinn, dem Richter das Verfahren aus der Hand zu nehmen. Richter und Staatsanwaltschaft müssen sich an einer bestimmten Form halten, dies kann man als angeklagteR ausnutzen und die Justiz mit ihren eigenen Regeln bekämpfen: Anträge ohne Ende stellen, zahlreiche Pausen beantragen, alles protokollieren lassen, unruhige Zuschauer, die mal weggetragen werden, ewig langer Plädoyer (hier darf der Richter nicht unterbrechen), etc... Die Anwesenheit von UnterstützerInnen im Gerichtssaal ist auf jeden Fall ein sehr wichtiger Punkt. (an dieser Stelle, vielen Dank an alle Anwesenden!)

Der 2. Verhandlungstermin

Der Befangenheitsantrag wurde -wie zu erwarten- abgelehnt. Aber die Verhandlung wurde so lange unterbrochen, dass von vorne rein neu verhandelt werden musste. Der Termin wurde für den 15. oktober angesetzt, dem Antrag der Betroffenen auf Fahrtkostenübernahme wurde stattgegeben. Der Staatsanwalt hielt es dieses mal für nötig zu kommen; der Staatsschutz setzte sich hin im Publikum. Der Tag fing mit Kreidemalerei gegen Law und Odner vorm Amtsgericht an, was den Ordnungshüttern schon gar nicht gefiel. Konfetis mit anti-atom und anti-autoritären Sprüchen flogen überall rum. Die Polizei stellte Personalien fest und beschwerte sich direkt beim Richter.

Beim betreten des Gerichtssaals zeigte sich Richter Klinkenborg vollkommen anders als zuvor. Ihm war inzwischen klar geworden, dass die Verhandlung nicht durchführbar war, ohne auf die diversen Anträgen und Äußerungen der Betroffene einzugehen. Er wollte scheinbar ein zweites Fiasko und Befangenheitsantrag verhindern. Die Angeklagte durfte ihre politische Einlassung zum Thema Atomkraft und Kriminalisierung vortragen, beliebig viele Anträge stellen und Pause machen. Sämltiche Anträge -wie eine Ortsbegehung, die Ladung von EG-Castor-Verantwortlichen - wurden wie zu erwarten als unbegründet zurückgewiesen. Die Zeugen erwiesen sich als schlechte Schauspieler. Die zwei (ja, zwei Zeugen dieses mal!) Polizisten hatten ihre Aussage auswendig gelernt und erzählten beinahe Wortgenau das selbe - wie kleine Kinder, die vor der Klasse rezitieren. An Einzelheiten konnten sie sich nicht mehr erinnern: "Es ist so lange her" Natürlich zeigte der Richter Verständnis dafür.

In ihrem Plädoyer fasste die Aktivistin die Lügen und Widersprüche der Polizei zusammen. Sie plädierte auf Freispruch, ohne viel vom Gericht zu erwarten. Ihr war von vorne rein klar, wie der Richter urteilen würde - was sie auch noch mit einer Herrschaft- und Justizkritik deutlich machte. Sie amüsierte sich über so einen Aufwand für nichts!

Urteil

"Im Name des Volkes" Der Spruch kam nach beinahle 4 Stunden Verhandlung. Richter Klinkenborg sparte sich die Pause nach den Plädoyers und verlaß sein Urteil aus einem Zettel. Das Urteil hatte er tätsächlich noch vor Ende der Beweisaufnahme gefertigt... 25 Euro Bußgeld und Verfahrenskosten (ob diese jemals bezahlt werden...). Die Betroffene hat einen Antrag auf Zulassung von der Rechtbeschwerde eingereicht - weil der Richter vor Verlesung des Urteils keine Pause gemacht hat (Verfahrensfehler können Gegenstand einer Beschwerde sein). Wenn Rechtsmittel eingelegt wird, muss der richter eine schriftliche Urteilsbegründung schreiben.

Die Aktivistin fasst zusammen: " Für mich war das eine richtige entscheidung, dass Verfahren politisch und offensiv durchzuführen. ich habe mich dabei wohl gefühlt. Wenn der Staat was von mir haben will, dann nicht ohne diesen politischen Theater! Das ist für mich wichtig, weil ich eben immer wieder von Ordnungshüttern schickaniert und angeklagt werde. Da will ich ja nicht passiv bleiben."


Hintergrund ? Polizei-Stalking
 
Diese Verhandlung ist aber nur der obere Teil vom Eisberg der Repression. Die Aktivistin wird nämlich immer wieder von der Polizei schikaniert: Anzeige wegen Baumklettern (2), Einradfahren... Neulich wurde sie wegen Kreidemalerei festgesetzt:
 
?Mir wurden zum Beispiel Kreidestifte beschlagnahmt, unter der Begründung, es sei im Zusammenhang mit politischem Inhalt strafbar (Sachbeschädigung). Da ermittelt wahrscheinlich wieder die ?EG-Castor?, erzählt die Aktivistin.
 
Vorwürfe werden ständig konstruiert und dienen der Rechtfertigung weiterer willkürlichen polizeilichen Maßnahmen. So diente u.a. der Gegenstand des jetzigen Verfahrens, der Begründung von Maßnahmen ?zu Gefahrenabwehr? gegen die Betroffene vor dem letzen Castortransport nach Gorleben: Sie wurde von der Polizei zwei Wochen lang rund um die Uhr überwacht und am Tag X vom Fahrrad weggerissen und präventiv in Gewahrsam genommen. (4)
 
Weitere Verfahren gegen die Aktivistin sind noch anhängig. Aber sie lässt sich nicht klein kriegen: ? Angeklagt ist der Widerstand. Solidarität und Phantasie sind unsere Waffen?.
1. Zitat von Fritz Teufel, 1967
2. Siehe Bericht über die Verhandlung: http://de.indymedia.org/2006/09/157341.shtml
3. Siehe Bericht Meinungsäußerung verboten: http://germany.indymedia.org/2007/04/173938.shtml
4. 15.12.06: Eine Aktivistin bekam folgende Mitteilung seitens des zentralen Kriminaldienst der Polizei FK4 (politische Abteilung):
"Hiermit teile ich Ihnen gemäß § 30 Abs. 4 Nds. SOG mit, dass über Sie in der Zeit vom 30.10. - 12.11.2006 personenbezogene Daten mit besonderen Mitteln oder Methoden im Sinne von §34 Nds. SOG (längerfristige Observation) i.V.m. § 35 Nds SOG (Verdeckter Einsatz technischer Mittel) erhoben wurden. Anlass für die Maßnahme waren die zu erwartenden Aktionen zur Ver-/Behinderung der Fahrt des Castor-Transportzuges zum Zwischenlager Gorleben. Die Datenerhebung erfolgt auf Grund einer Anordnung der Polizeiinspektion Lüneburg (...)?